Soziale Sicherheit für alle!

Meine Forderungen zusammengefasst:

  • Garantiertes Mindesteinkommen von 1.200 Euro
  • Soziale Dienstleistungen und öffentliche Infrastrukturen, die Zugang für alle ermöglichen
  • Vor Armut bewahren: Sanktionsfreie Mindestsicherung 1.200 Euro statt Hartz IV
  • Eigenständige Kindergrundsicherung
  • Sofortmaßnahme: Grundsicherung auf 658 Euro anheben

Auszug aus unserem Wahlprogramm:

Wir wollen einen starken, demokratischen Sozialstaat, der alle Menschen wirksam gegen die Lebensrisiken von Krankheit, Unfall, Alter, Pflegebedürftigkeit und Erwerbslosigkeit schützt. Corona hat die Lücken unserer sozialen Sicherungssysteme gezeigt: Für Hartz IV-Bezieher*innen sind Mehrausgaben zum Beispiel für Homeschooling und Sicherheitsmasken nicht erschwinglich, schon die Regelbeträge sichern nicht gegen Armut. Freiberufler*innen bleiben ohne soziale Absicherung. Obdachlose in Sammelunterkünften sind hohen Infektionsrisiken ausgesetzt. Die soziale Ungleichheit hat zugenommen. Wir wollen einen demokratischen Sozialstaat, der soziale Rechte gibt, das gesellschaftliche Leben durch soziale Dienstleistungen und öffentliche Infrastrukturen stärkt und für gute und planbare Erwerbsarbeit sorgt, die sicher ist und zum Leben passt. An einer Regierung, die Privatisierungen der Daseinsvorsorge oder Sozialabbau betreibt, deren Politik die Aufgabenerfüllung des öffentlichen Dienstes verschlechtert, werden wir uns nicht beteiligen.

Das sind die drei Säulen unseres Sozialstaats der Zukunft:

  • Soziale Rechte für alle, die vor Armut schützen und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen: Wir stärken den Sozialstaat durch soziale Garantien auf Basis solidarischer Umlagesysteme, die alle Menschen wirksam gegen die Risiken des Lebens schützen. Wir garantieren einen guten Lebensstandard für alle in allen Lebensphasen und Lebenssituationen – auch in der Rente. Wir wollen einen garantierten Schutz vor Armut. Sanktionen und entwürdigende Antragsverfahren schaffen wir ab. Zusammengefasst wollen wir ein garantiertes Mindesteinkommen von 1.200 Euro in jeder Lebenssituation, in der es gebraucht wird.
  • Soziale Dienstleistungen und öffentliche Infrastrukturen, die Zugang für alle ermöglichen: Soziale Dienstleistungen – zum Beispiel im Gesundheits-, Pflege-, Bildungs- und Sozialwesen – und öffentliche Infrastrukturen – zum Beispiel Bibliotheken, Theater, Schwimmbäder, Straßen, Nahverkehr – sind deshalb zentral für den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft. Als Teil des gesellschaftlichen Reichtums sind sie öffentliche Güter, die allen Mitgliedern der Gesellschaft zugutekommen und deshalb gemeinwohlorientiert verfasst sein sollen. Wir verstehen diese Dienstleistungen und Infrastrukturen als Sozialeigentum aller Bürger*innen.
  • Ein »neues Normalarbeitsverhältnis« für gute und planbare Erwerbsarbeit, die sicher ist und zum Leben passt: Sinnhafte Erwerbsarbeit, kürzere Arbeitszeiten und Löhne, die für ein gutes, planbares und sicheres Leben reichen. So können wir auch die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern zurückdrängen. Gute Arbeit sichert auch Steuereinnahmen und Versicherungsbeiträge für die Ausweitung des demokratischen Sozialstaats.

Soziale Rechte: Eine gerechte Versicherung gegen Erwerbslosigkeit

Die Erwerbslosigkeit in Deutschland ist durch die Corona-Krise wieder gestiegen. Der Anstieg fiel in den neuen Bundesländern höher aus als in den alten. Für viele Erwerbslose bedeutet das den Absturz in Hartz IV. Wer jahrelang in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, ist trotzdem von Armut bedroht.

Lang erworbene Versicherungsansprüche werden vernichtet. Wir wollen eine Arbeitslosenversicherung, die den zuvor erreichten Lebensstandard annähernd sichert. In die Versicherung zahlen Beschäftigte und Arbeitgeber*innen ein. Ziel unserer Verbesserungen der Arbeitslosenversicherung ist es, möglichst viele Menschen gut abzusichern. Dies schließt auch die Erwerbstätigen ein, die bislang von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung noch ausgeschlossen sind (zum Beispiel Soloselbstständige und Freiberufler*innen). Dazu erweitern wir das bereits bestehende Arbeitslosengeld und führen ein neues Arbeitslosengeld Plus ein.

  • Wir wollen ein Recht auf Erwerbsarbeit mit einem einklagbaren individuellen Rechtsanspruch. Das schließt auch das Recht ein, eine konkrete Erwerbsarbeit abzulehnen.
  • DIE LINKE setzt sich für die Stärkung der Arbeitslosenversicherung ein: Alle Menschen – insbesondere Berufseinsteiger*innen – sollen schneller einen längeren Anspruch auf Arbeitslosengeld erhalten und langjährig Beschäftigte sollen davor bewahrt werden, nach kurzer Zeit in das Hartz-IV-System wechseln zu müssen.
  • Zumutbare Arbeitsangebote müssen sich am Grundsatz „Gute Arbeit“ orientieren.
  • Sperrzeiten und Sanktionen werden ausnahmslos abgeschafft. Insbesondere sollen Beschäftigten keine Sperrzeiten drohen, wenn sie selbst kündigen oder konkrete Arbeitsangebote ablehnen. Qualifizierung und Weiterbildung sollen gestärkt, das Arbeitslosengeld soll auf einheitlich 68 Prozent erhöht und ein Arbeitslosengeld Plus (58 Prozent) eingeführt werden, ebenfalls beitragsfinanziert, Bezugsdauer noch mal so lang wie vorher das Arbeitslosengeld, bei langjährig Versicherten dauerhaft. Jährlicher Inflationsausgleich soll eine Absenkung des Lebensstandards durch Preissteigerungen verhindern.
  • Wir wollen die Kurzarbeit als schnell wirkendes Mittel zur Sicherung von Arbeitsplätzen dauerhaft ausbauen. Kurzarbeitergeld wird in Höhe von 90 Prozentdes letzten Einkommens gezahlt, die Sozialversicherungsbeiträge werden in voller Höhe ohne Unterbrechung gezahlt. Unternehmen, die Kurzarbeitergeld von der Agentur für Arbeit beziehen, dürfen keine betriebsbedingten Entlassungen vornehmen und keine Dividenden an ihre Anteilseigner*innen auszahlen.
  • Auch die Erwerbstätigen, die bislang von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung noch ausgeschlossen sind (zum Beispiel Soloselbstständige und Freiberufler*innen), werden in diese einbezogen. Beiträge und Leistungen richten sich dabei nach dem tatsächlichen Einkommen, Auftraggeber*innen sind analog den Arbeitgebern*innen an den Beiträgen zu beteiligen.
  • Menschen, die derzeit keiner regulären Beschäftigung nachgehen können, wollen wir neue Perspektiven geben. Dafür schaffen wir einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor mit zusätzlichen existenzsichernden, sozialversicherungspflichtigen und tariflich abgesicherten Arbeitsplätzen. Die Angebote sind für die Erwerbslosen freiwillig.

Eine bedarfsdeckende und sanktionsfreie individuelle Mindestsicherung

Wir wollen das Hartz-IV-System abschaffen und es ersetzen durch gute Arbeit (vgl. Kapitel »Gute Arbeit«), eine bessere Erwerbslosenversicherung (siehe oben) und eine bedarfsgerechte individuelle Mindestsicherung ohne Sanktionen.

  • Um sicher gegen Armut zu schützen, muss sie derzeit 1.200 Euro betragen. Sie gilt für Erwerbslose, aufstockende Erwerbstätige, Langzeiterwerbslose und Erwerbsunfähige ohne hinreichendes Einkommen oder Vermögen.
    Sonderbedarf, zum Beispiel für chronisch Kranke oder Menschen mit Behinderung, wird im Rahmen der Solidarischen Gesundheitsversicherung bzw. des Bundesteilhabegesetzes gewährt. In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt werden zusätzlich zur Mindestsicherung auch höhere Wohnkosten übernommen.
  • Die Höhe der sanktionsfreien Mindestsicherung muss jährlich entsprechend den Lebenshaltungskosten angehoben werden (Inflationsausgleich). Einmal in der Legislaturperiode wird die Höhe der Mindestsicherung überprüft, wobei sichergestellt sein muss, dass gesellschaftliche Teilhabe und Schutz vor Armut garantiert sind. Für Kinder wollen wir eine eigenständige Grundsicherung einführen (siehe unten).
  • Alle Personen, die sich gegenwärtig in Deutschland aufhalten, haben ein Recht auf existenzsichernde Sozialleistungen. Das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) wird abgeschafft. Asylbewerber*innen und hier lebende EU-Bürger*innen werden in die individuelle Mindestsicherung einbezogen.

Sofortmaßnahmen: Erhöhung der Regelsätze und Abschaffung der Sanktionen

Als Zwischenschritt bis zur Einführung einer sanktionsfreien Mindestsicherung wollen wir die sofortige Erhöhung der derzeitigen Grundsicherungsleistungen auf 658 Euro plus Übernahme der Wohn- und Stromkosten in tatsächlicher Höhe. Zudem fordern wir für die Dauer der Corona-Pandemie einen pauschalen Mehrbedarfszuschlag von 100 Euro pro Monat für alle Bezieher*innen von Hartz IV und Grundsicherung. Diese Forderung teilen wir mit vielen Sozialverbänden und Gewerkschaften.

  • Langlebige Gebrauchsgüter wie Kühlschrank und Waschmaschine (sogenannte Weiße Ware) sind nicht vom Regelbedarf abzudecken. Ihre Anschaffung muss im Bedarfsfall voll übernommen werden.
  • Die Mittel für Mobilität müssen den realen Preisen entsprechen. Wir treten für ein Sozialticket im öffentlichen Nahverkehr ein. Perspektivisch wollen wir einen entgeltfreien öffentlichen Nahverkehr für alle.

Alle bisherigen Bundesregierungen haben gezielt kleingerechnet, was die Menschen zum Leben brauchen. Damit muss Schluss sein. Da sind wir uns mit vielen Sozial- und Fachverbänden einig.

  • Die Kosten der Unterkunft und Heizung müssen in einem Maße übernommen werden, das dem tatsächlichen Angebot an Wohnungen vor Ort entspricht (und nicht nur die vom Jobcenter als »angemessen« erachteten). Aktuell werden die angemessenen Wohnkosten von den Kommunen oft viel zu niedrig angesetzt. Die Beiträge für Mitgliedschaften in Mieter*innenvereinen sollen vom Jobcenter übernommen werden.
  • Das bisherige Prinzip der sogenannten Bedarfsgemeinschaften ist nicht mehr zeitgemäß. Wir wollen es durch individuelle Ansprüche (unter Beachtung der gesetzlichen Unterhaltsansprüche) ersetzen.
  • Die digitale Anbindung ist eine zwingende Voraussetzung für soziale Teilhabe in unserer Gesellschaft geworden. Deshalb fordern wir einmalige Leistungen für die digitale Ausstattung von Erwachsenen. Die laufenden tatsächlichen Kosten für Digitales müssen in den Regelsätzen enthalten sein.
  • Schulpflichtige Kinder im Leistungsbezug sollen als Sofortmaßnahme einen einmaligen Zuschuss für Computer, Drucker und weitere IT-Ausstattung bekommen. Der Zuschuss soll 500 Euro betragen und unbürokratisch gewährt werden. Den IT-Zuschlag überführen wir in unsere eigenständige Kindergrundsicherung, sobald sie aufgebaut ist (vgl. unten).

Sanktionsfreiheit! Alle Sanktionen, also Kürzungen des Existenzminimums, müssen ausgeschlossen werden. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 5. November 2019 bereits eine notwendige rote Linie gegen die bisherige Sanktionspraxis gezogen. Das Grundrecht auf soziale Teilhabe muss auch für Bezieher*innen von Grundsicherungsleistungen umgesetzt werden.

  • Die bisherigen Sanktionsregelungen im SGB II sowie die Leistungseinschränkungen im SGB XII müssen gestrichen werden. Das sozialkulturelle Existenzminimum ist ein Grundrecht und darf nicht durch Sanktionen unterschritten werden.
  • Damit auch Menschen mit geringem Einkommen rechtlicher Beistand ermöglicht wird, fordern wir den Ausbau der Prozesskosten- und Beratungshilfe. Die Eigenanteilzahlung zur Beratungshilfe wollen wir abschaffen. Wir wollen die Kriterien für die Bewilligung sowie für den Einsatz von Einkommen und Vermögen zugunsten tatsächlich bedarfsdeckender Beträge verändern. Die über vier Jahre andauernde nachgelagerte Überprüfung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe wollen wir abschaffen. Zudem setzen wir uns für gebührenfreie und unabhängige Beratungsstellen ein. Damit niemand allein zum Amt muss, und um den Austausch von Betroffenen zu erleichtern, braucht es ein bundesweites Netz an selbstorganisierten Sozialberatungsstellen. Deren Betrieb muss durch Bundeszuschüsse finanziert werden.

Prekäre Beschäftigung und Erwerbslosigkeit, hohe Mieten und Krankheit treiben die Menschen in die Armuts- und damit zwangsläufig auch in die Schuldenfalle. Die Reform des Verbraucher- Insolvenzverfahrens von 2020 ist nicht ausreichend. Wir sagen: Raus aus der Schulden- und Armutsfalle!

Menschen, die schon durchgehend seit mindestens 72 Monaten im »Schuldturm« (öffentliches Schuldnerverzeichnis) eingetragen sind, sollen eine verkürzte vollständige Restschuldbefreiung von 12 Monaten erhalten. Schufa und andere private Auskunftsdateien sollen bei Wohnungsbewerbungen keine Auskünfte mehr über Schulden und laufende Kredite der Bewerber*innen erteilen dürfen. Für Vermieter*innen muss die Mietschuldenfreiheitserklärung als Kontrollinstrument ausreichen.

Wir wollen Schulden verhindern, bevor sie entstehen. Dafür wollen wir Schuldnerberatungsstellen stärken und eine mobile Schuldnerberatung in ländlichen Gebieten einführen. Wir wollen kostenfreie juristische Hilfe für jeden betroffenen Verbraucher ohne Bedingungen.

Alle in der Partei DIE LINKE sind dem grundlegenden Ziel verpflichtet, alle Menschen sicher vor Armut zu schützen und gesellschaftliche Teilhabe zu garantieren. Diese Garantie macht für viele die Idee eines Grundeinkommens attraktiv. Viele andere halten diese Idee dagegen für ungeeignet. Für uns ist dieses Ziel der Grund, uns für ein sanktionsfreies Mindesteinkommen von 1.200 Euro einzusetzen, für alle, die es brauchen: ob in Rente, Kurzarbeit, Erwerbslosigkeit oder im Studium – kein volljähriger Mensch soll weniger haben. Wir führen die gesellschaftlichen Diskussionen über ein bedingungsloses Grundeinkommen kontrovers und entscheiden im kommenden Jahr mit einem Mitgliederentscheid, ob wir unsere Haltung dazu ändern.

Kinderarmut überwinden: Kindergrundsicherung

Kinderarmut ist immer Einkommensarmut der Eltern. Eine gute soziale Infrastruktur, gute Löhne und soziale Garantien sind wichtige Bestandteile im Kampf gegen Kinderarmut. Dazu kommen eine starke Kinder- und Jugendhilfe und eine armutsfeste Kindergrundsicherung. Wir beseitigen Kinder- und Jugendarmut mit zwei Ansätzen:

  • mit finanzieller Unterstützung bei materieller und monetärer Armut,
  • mit infrastrukturellen Angeboten (ÖPNV, Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen, Musikschulen, Bibliotheken etc.) werden Türen geöffnet und es wird Teilnahme am gesellschaftlichen Leben hergestellt – niedrigschwellig, barrierefrei, wohnortnah im Lebensumfeld und möglichst gebührenfrei.

Gemeinsam mit Sozialverbänden, Gewerkschaften und anderen gesellschaftlichen Akteuren fordern wir eine eigenständige Kindergrundsicherung. Sie muss leicht verständlich, transparent und gerecht sein. Bei der Ausgestaltung orientieren wir uns am Modell des Bündnisses Kindergrundsicherung. Die Höhe fällt abgestuft aus. Beginnend bei 630 Euro für die ärmsten Kinder wird sie je nach Einkommenssituation bis auf 328 Euro abgeschmolzen. Das entspricht dem erhöhten Kindergeld, das wir für alle Kinder als Sofortmaßnahme fordern. Es wird einkommensunabhängig an alle Familien monatlich gezahlt.

Als Sofortmaßnahme erhöhen wir das Kindergeld für alle Kinder auf 328 Euro monatlich. Es wird einkommensunabhängig an alle Familien gezahlt. Kinder aus armen Familien erhalten zusätzlich als Sofortmaßnahme zum Kindergeld einen nach Alter gestaffelten Zuschlag bis zu 302 Euro. Außerdem sollen auch für Kinder die tatsächlichen Unterkunftskosten sowie einmaliger und besonderer Bedarf (Klassenfahrten, IT-Ausstattung u. ä.) berücksichtigt werden.

Die Kindergrundsicherung gilt für alle Kinder und Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres und für junge Volljährige bis zur Vollendung ihrer ersten Schulausbildung (inkl. Abitur). Mit unserer Kindergrundsicherung ersetzen wir die bestehenden bürokratischen, restriktiven und intransparenten sozialen Sicherungssysteme für Kinder einkommensarmer Familien. Der Unterhaltsvorschuss bleibt bestehen. Die Kindergrundsicherung ist eine Leistung ausschließlich für das Kind. Sie wird weder beim Bezug von Sozialleistungen noch innerhalb des Steuerrechts als Einkommen der Eltern oder anderer Haushaltsangehöriger angerechnet.

Die Angebote für Kinder und Jugendliche zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und zur persönlichen Entwicklung wollen wir ausbauen – barrierefrei, lebensnah und möglichst gebührenfrei. Die Kommunen sind entsprechend finanziell zu unterstützen, um Angebote der Kinder- und Jugendhilfe, Sportanlagen, Frei- und Hallenbäder, Kultur- und Bildungseinrichtungen vorzuhalten sowie den ÖPNV stärker auf die Bedürfnisse der jungen Menschen auszurichten.  Wir wollen ein wirkliches Teilhabegesetz für Kinder und Jugendliche. Die jetzigen Bestimmungen in Paragraf 13 SGB VIII sind bloße Absichtserklärungen. Wir wollen sie zu einem Rechtsanspruch auf soziale Teilhabe machen.

Familien dort unterstützen, wo sie es brauchen

Niedrige Löhne und Erwerbslosigkeit haben Familien-, Kinder- und Jugendarmut zur Folge. Besonders dramatisch ist die Situation für alleinerziehende Mütter und Väter, die sich im Hartz-IV-Bezug befinden. LINKE Familienpolitik zielt darauf ab, allen Menschen ein gutes, planbares Leben ohne Zukunftsangst zu ermöglichen – für alle Familienformen unabhängig der Herkunft, sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität (vgl. Kapitel »Reproduktive Gerechtigkeit«). Dafür wollen wir soziale und öffentliche Infrastrukturen und Dienstleistungen ausbauen und gute soziale Sicherungen einführen, damit Familie und Beruf besser vereinbar werden.

  • Gebührenfreie öffentliche Kinderbetreuung für Kinder aller Altersgruppen: Eltern brauchen Betreuungseinrichtungen, die flexible Öffnungszeiten haben, damit eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleistet ist. Gleichzeitig brauchen Beschäftigte gute Arbeitsbedingungen, gute Löhne und bessere Betreuungsschlüssel. Die öffentlichen Betreuungsangebote insbesondere für Kinder ab dem ersten Lebensjahr müssen ausgebaut werden, damit ihr Rechtsanspruch auf pädagogische Förderung eingelöst werden kann (vgl. Kapitel »Bildung«).
  • Mindestelterngeld, längere Laufzeit: Um Familie und Beruf besser zu vereinbaren, wollen wir den Elterngeldanspruch auf 12 Monate pro Elternteil (bzw. 24 Monate für Alleinerziehende) verlängern. Der Elterngeldanspruch gilt individuell und ist nicht auf den anderen Elternteil übertragbar. Er gilt bis zum siebten Lebensjahr des Kindes. Außerdem wollen wir den Mindestbetrag des Elterngelds auf 400 Euro und beim Elterngeld Plus entsprechend auf 200 Euro anheben.
  • Keine Anrechnung des Elterngeldes auf Transferleistungen: Seit 2011 wird Elterngeld zum Beispiel auf Hartz IV angerechnet. Insbesondere Familien mit geringem oder gar keinem Einkommen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, sind seitdem von der Leistung ausgeschlossen.
  • Arbeitszeitmodelle, die es Müttern und Vätern ermöglichen, ihren Beruf mit Familie und Privatleben unter einen Hut zu bringen. Statt einer Flexibilisierung der Arbeitszeit, die sich lediglich an betrieblichen Erfordernissen orientiert, brauchen die Beschäftigten Zeitautonomie und eine Erwerbsarbeit, die zum Leben passt und sich an die Anforderungen der unterschiedlichen Lebensphasen anpassen kann (vgl. Kapitel »Arbeit, familienfreundliche Arbeitszeiten«). Eltern brauchen besonderen Kündigungsschutz bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres des Kindes.
  • Mehr Kinderkrankentage: Aufgrund der Corona-Pandemie wurden die Kinderkrankentage befristet bis Ende 2021 für gesetzlich versicherte Elternteile um zehn weitere Tage je Kind und für Alleinerziehende um zusätzlich zwanzig Tage je Kind verlängert. Wir wollen eine dauerhafte Verlängerung der Kinderkrankentage. Dies muss auch für Beschäftigte in Mini- und Midijobs, Soloselbstständige und Freiberufler*innen gelten!
  • Zusätzlicher Elternschutz: Wir wollen einen zusätzlichen Elternschutz von zehn Tagen bezahlter Freistellung für den zweiten Elternteil nach der Geburt des Kindes.
  • Geschlechtergerechte Steuermodelle statt Ehegattensplitting. Das nicht ausgeschöpfte steuerliche Existenzminimum soll zwischen Eheleuten bzw. Lebenspartnern*innen übertragbar sein.
  • Im Sorge- und Umgangsrecht muss das Kindeswohl im Mittelpunkt stehen und weiterhin im Einzelfall geprüft werden.
  • Wir wollen Kinderrechte im Grundgesetz verankern.
  • Mehr Personal in Jugendämtern: Eltern benötigen fachkundige Beratung und Begleitung. Dies ist Aufgabe der Jugendämter, die sie wegen Personalmangels und Unterausstattung oft nicht leisten können. Wir fordern eine bedarfsdeckende personelle und sachliche Ausstattung von Jugendämtern. Dies gilt insbesondere für psychologisches Personal sowie Mediator*innen.

Selbstbestimmt im Alter

Wie die Menschen im Alter leben wollen, in wohlverdienter Ruhe, aktiv und sozial engagiert, einbezogen in die Familie oder in andere solidarische Beziehungen, muss ihre freie Entscheidung sein. Dabei müssen ältere Menschen in alle sie betreffenden Lebensbereiche einbezogen werden – als Experten*innen ihres Lebens. Die Möglichkeit der gesellschaftlichen Teilhabe älterer Menschen muss unter Beachtung der Besonderheiten dieses Lebensabschnittes uneingeschränkt gewährleistet werden. Kommunikations-, Verwaltungs- und Gemeinschaftsangebote sollen altersgerecht und barrierefrei verfügbar sein. Wir streiten für eine solidarische Gesellschaft, in der die Jungen und Alten nicht gegeneinander ausgespielt werden. Eine Gesellschaft, in der Menschen in Würde altern können (vgl. Kapitel »Rente«).

  • Altersgerechte, gemeinnützige (zum Beispiel genossenschaftliche), inklusive und vielfältige Wohn- und Betreuungsformen schaffen. Sie sollen das Zusammenleben unterschiedlicher Generationen, Nationalitäten, Religionen, Geschlechter, von Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung oder Befähigung ermöglichen. Ältere Menschen sollen so lange wie gewünscht in ihrer eigenen Wohnung und im gewohnten Wohnumfeld bleiben können.
  • Wirksame Hilfen und Konzepte gegen soziale Isolation und Einsamkeit im Alter. Kommunale aufsuchende Angebote für Senior*innen und gemeinschaftliche Begegnungsorte sind öffentlich müssen gefördert werden.
  • Gute und altersgerechte gesundheitliche Versorgung, aufsuchend und aufklärend ohne Verletzung der  Selbstbestimmung der Patient*innen. Die individuelle Entscheidungskompetenz durch Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen soll unabhängig vom sozialen Status gefördert werden. Die gesundheitliche und pflegerische Betreuung muss professionell, wohnort- und patientennah sein und zur kommunalen Pflichtaufgabe gemacht werden.
  • Mitbestimmungsrechte für Senior*innen auf Bundes-, Länder-, Kreis- und Kommunalebene wollen wir stärken. Insbesondere sollen die Rechte der Senior*innenvertretungen ausgebaut und bundeseinheitlich gestärkt werden.
  • Wir wollen ein eigenständiges Teilhabegesetz für Senior*innen, das den Rechtsanspruch auf volle soziale Teilhabe, zum Beispiel den Anspruch auf barrierefreies Wohnen und wohnortnahe Gesundheitsversorgung im Alter, festschreibt und die Kommunen dafür in die Pflicht nimmt. Es soll die bisherigen Leistungen und Angebote aus Paragraf 71 SGB XII aufnehmen und unter den Aspekten der Selbstbestimmung und Selbstermächtigung weiterentwickeln.
  • Gute Infrastruktur: Auch in ländlichen Regionen und in Pflegeheimen müssen Menschen Zugang zu öffentlicher Verwaltung, Einzelhandel und Versorgungseinrichtungen haben. Der öffentliche Nahverkehr, Rufbusse und mobile Versorgungsangebote sollen ausgebaut werden. Schnelles Internet und Hardware für digitale Teilhabe sind eine Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben im Alter und sollen öffentlich gefördert altersgerecht ausgebaut werden.

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