Gerechtigkeit für die Menschen in Ostdeutschland

Meine Forderungen zusammengefasst:

  • Gleicher Lohn für gleiche Arbeit: Lohn-Gefälle überwinden – Einheitliche Tarifgebiete in Ost und West, Tariftreue und Vergabemindestlohn
  • Gleiche Renten für gleiche Lebensleistung
  • Solidarpakt III: Den Solidaritätszuschlag für Regionen im industriellen Umbruch
  • Strukturwandel nicht über die Köpfe der Menschen: Demokratische Beteiligung
  • Bauernland gehört nicht in Investorenhand – Regionale, ökologische Landwirtschaft stärken

Auszug aus unserem Wahlprogramm:

Ostdeutschland verdient mehr: mehr Selbstbewusstsein, mehr Sichtbarkeit, mehr Respekt, mehr Ehrlichkeit. Doch jenseits der Gedenkstunden zum Mauerfall erlischt das bundesweite Interesse immer schnell. Dabei gibt es viel zu bereden. Die unvollendete Einheit stellt die Frage nach dem Zustand von Gleichberechtigung und Zusammenhalt in der Bundesrepublik. Die Frage nach Teilhabe – und nach Aufstiegsmöglichkeiten, unabhängig von Herkunft und sozialem Status. Wir müssen sprechen über den Osten als neoliberales Versuchsfeld der Bonner Politik, über die Folgen eines radikalen Wirtschaftsumbaus der Treuhand und den Verlust öffentlicher Infrastruktur. Entscheidungen, die die Treuhand und die Politik des sogenannten Aufbaus Ost getroffen haben, bestimmen noch heute die Entwicklungspfade der ostdeutschen Gesellschaft. Deindustrialisierung, Massenarbeitslosigkeit und Bevölkerungsrückgang waren und sind die Folge. Reden über rechte Gewalt und Organisierung und die lange Geschichte ihrer Verharmlosung. Wir müssen reden über die schwache Verankerung politischer Institutionen, Skepsis gegenüber der Parteiendemokratie, über fehlenden Einfluss der Ostdeutschen. Denn die Konsequenzen sind bis heute sichtbar. Schaut man auf Unterschiede bei Lohn und Rente, auf Spitzenfunktionen und Vermögen, auf Armut oder Abwanderung – der alte Grenzverlauf zwischen West- und Ostdeutschland tritt weiterhin hervor. Viele Ostdeutsche wünschen sich, auf andere Weise sichtbar zu sein. Mit dem, was sie erarbeitet und geleistet haben, sowohl in der vergangenen DDR als auch in den dreißig Jahren danach.

Ostdeutschland steht für den Lebensmut verschiedener Generationen. Viele, gerade unter den Jüngeren, sind nicht mehr gewillt, die strukturellen Benachteiligungen hinzunehmen und die Probleme im Osten zu beschweigen. Viele kennen das Gefühl, dass die eigenen Fähigkeiten und Leistungen – oder die der Eltern – nicht anerkannt werden. Fast jede*r Zweite im Osten fühlt sich in seiner oder ihrer Arbeit nicht wertgeschätzt. Ostdeutsche Beschäftigte waren lang bereit, Leistung auch unter harten Bedingungen zu erbringen und eigene Interessen zurückzustellen: im Interesse des Betriebs und mit Blick auf die für alle schlechteren Perspektiven im Osten. Die verlorenen Kämpfe gegen die Treuhand steckten vielen lange in den Knochen. Jetzt wächst wieder die Bereitschaft zu streiken und zu kämpfen. Der Kampf geht um mehr als »nur« die Lohnhöhe und Arbeitsplätze: Streiks sind zum Symbol geworden für Gerechtigkeit, Anerkennung, mehr Mit- und Selbstbestimmung. Sie kämpfen für die eigenen Rechte, den Eigen-Sinn des Ostens und einen Aufbruch Ost. DIE LINKE ist den Erfahrungen und den Kämpfen der Menschen in Ostdeutschland verbunden. Wir sind die Stimme des Ostens. In den Bundesländern, in denen wir Regierungsverantwortung tragen, setzen wir das um: mit der Einführung beitragsfreier Kindergartenjahre und längerem gemeinsamen Lernen für mehr Bildungsgerechtigkeit, durch mehr Tarifbindung und durch Vergabegesetze mit einer Tariftreueklausel bei öffentlichen Aufträgen für höhere Löhne. Wir kümmern uns um bezahlbaren Wohnraum, Arbeitszeitverkürzung zum Beispiel durch zusätzliche Feiertage, um Qualitätsverbesserung in der Krankenhausversorgung. Die Demokratisierung der Hochschulen, der Schulen, der Kommunen oder generell der Landespolitik zählt ebenso zu unserer Regierungspolitik wie das Ziel, den Bodenausverkauf durch den Aufkauf großer landwirtschaftlicher Betriebe durch agrarfremde Investoren zu verhindern. Es geht uns um eine praktische, solidarische, gerechte und demokratische Politik. Es geht uns um einen eigenen Aufbruch.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – was sonst?

Das Fortbestehen ungleichwertiger Lebensverhältnisse ist kein Betriebsunfall der deutschen Einheit, sondern politisch gewollt. Statt Niedriglöhne zu verhindern, warben die Bundes- und Landesregierungen jahrzehntelang damit um Investoren. Herausgekommen sind Konzernnebenstellen, die die Ost-West-Unterschiede ausbeuten, aber nicht beheben. Jeder dritte (!) Beschäftigte in den ostdeutschen Ländern arbeitet im Niedriglohnbereich. Im Westen sind es 16 Prozent. Das wirkt sich aus auf geringere Kaufkraft, Vermögensbildung und Rentenansprüche. Der Hälfte der Vollzeitbeschäftigten in den neuen Ländern droht eine Minirente, trotz jahrzehntelanger Arbeit.

Im Vergleich der mittleren Bruttoentgelte (2019) in Ost- und in Westdeutschland lagen 700 Euro brutto mehr in der Lohntüte West. In jedem Monat. In Sachsen-Anhalt arbeiten die Menschen durchschnittlich 75 Stunden länger im Jahr und erhalten fast 3.000 Euro weniger Jahreslohn als im Nachbarland Niedersachsen. Fast 4 Millionen Menschen sind aus dem Osten abgewandert. Das hat die strukturelle Überalterung im Osten massiv erhöht. In den nächsten Jahren ist eine riesige Pensionierungswelle in den ostdeutschen Ländern auszugleichen. Dafür braucht es Perspektiven, auch für Rückkehrer und neu Zugewanderte.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit in gleicher Arbeitszeit zwischen Frau und Mann, in Ost und West – das ist unser Anspruch:

  • Der Niedriglohnsektor muss geschlossen und der gesetzliche Mindestlohn zügig auf 13 Euro angehoben werden. Insbesondere Arbeitnehmer*innen in Ostdeutschland würden davon profitieren.
  • DIE LINKE fordert eine Lohnoffensive Ost durch mehr Tarifbindung und flächendeckende Tarifverträge, um die Löhne in den neuen Ländern bis zum Ende der kommenden Legislaturperiode im Jahr 2025 zu 100 Prozent an das Westniveau anzugleichen.
  • Wir wollen einheitliche Tarifgebiete in Ost und West. Dass eine Lohnangleichung möglich ist, hat die IG Bau bewiesen. Die Ost-West-Lohnmauer lässt sich dort überwinden, wo Gewerkschaften besonders einflussreich sind.
  • In vergleichbaren Branchen müssen bundesweit gleiche Arbeitszeiten und Urlaubsregelungen gelten.
  • Wir wollen einen Vergabemindestlohn, der sich an der Höhe der niedrigsten Gehaltsklasse des TVL orientiert, verbindlich für die Vergabe machen.

Lebensleistung Ost anerkennen – Gleiche Rente für gleiche Lebensleistung

30 Jahre nach dem Ende der DDR ist die Arbeits- und Lebensleistung immer noch nicht gleich viel wert. Erst im Jahr 2024 sollen die Renten komplett angeglichen werden. Die Angleichung der Ostrenten darf nicht zum Nachteil der heutigen Beschäftigten führen. Rund 20 Prozent weniger Gehalt und Lohn im Osten bedeuten weniger Rentenanspruch im Alter. Unter den Menschen, die in zwanzig Jahren in die Rente gehen, wird das Armutsrisiko im Osten doppelt so hoch sein wie im Westen.

Wer zum Mauerfall 30 Jahre alt war, muss auch dann noch mit Benachteiligungen rechnen, wenn er selbst 2027 in Rente gehen wird. Die Vielfalt der DDR-Alterssicherungssysteme war nicht passfähig zum Rentensystem der BRD. Bei der Überleitung ins bundesdeutsche Recht kam es zu Lücken oder gar Streichungen. Ungerechtigkeiten, die noch immer bestehen.  Das betrifft die große Gruppe der wissenschaftlichen, technischen, pädagogischen, medizinischen und künstlerischen Intelligenz. Ebenso entfielen Rentenzusagen für bestimmte Berufsgruppen, so für die Beschäftigten der DDR bei der Reichsbahn, der Post oder in der Braunkohleveredlung. Vor allem Frauen sind betroffen, gerade wenn sie beispielsweise im Gesundheitswesen gearbeitet haben, mithelfende Ehefrauen waren oder in der DDR geschieden wurden. Seit den 1990er Jahren fordern die vom bundesdeutschen Gesetzgeber vergessenen Gruppen die Wiederherstellung ihrer Ansprüche. Seitdem haben sie unsere Unterstützung.

  • DIE LINKE will eine sofortige Angleichung der Ostrenten zu 100 Prozent auf das Westniveau. Das bedeutet, der Rentenwert (Ost) muss sofort auf das Westniveau des allgemeinen Rentenwerts angepasst werden.
  • Rentenkürzung verhindern! Solange die Löhne der ostdeutschen Beschäftigten strukturell deutlich niedriger sind, muss die Umrechnung bei der Rente erhalten bleiben.
  • Eine rechtliche Korrektur der Rentenüberleitung bleibt notwendig. Auch angemessene Entschädigungszahlungen können ein Weg sein, diese Ansprüche wenigstens zum Teil endlich anzuerkennen.
  • Für Zeiten des Niedriglohns wollen wir generell für alle Beschäftigten in Ost wie West eine Hochwertung der Rente einführen. Darum wollen wir die Rente nach Mindestentgeltpunkten entfristen und verbessern.

Mehr Posten für den Osten – Mehr plurale Sichtbarkeit

Auch 30 Jahre nach dem Ende der DDR sind die Führungspositionen im vereinten Deutschland fest in westdeutscher Hand. Sowohl im Osten, und erst recht im Westen. Denn der gesellschaftliche Umbau in den 1990er Jahren war mehr als ein politisch erwünschter und notwendiger Elitenwechsel. Fast ausnahmslos rückten Menschen aus der ehemaligen DDR in die zweite Reihe, machten Platz für neue Chefs aus dem Westen. Dieser Zustand hat sich verfestigt.

Die neue Thematisierung der Benachteiligung Ostdeutscher ist Teil eines mühsam errungenen Emanzipationsprozesses. Jahrzehntelang berichteten Zeitungen westdeutscher Verlage und westdeutsche Redakteure aus ostdeutschen Landesfunkhäusern, und dabei meist einseitig. Die größere Skepsis gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat hier eine ihrer Ursachen. Über Jahrzehnte hinweg war die Annäherung an die Norm des Westens vorherrschendes Thema.

Wer Demokratie stärken will, muss alle beteiligen. Führungspositionen müssen Spiegelbild einer Gesellschaft sein, sonst verletzen sie den demokratischen Grundsatz der Gleichwertigkeit aller. Das bedeutet mehr Frauen, mehr Ostdeutsche, mehr Migrant*innen in die Führungsetagen bundesweit! Es ist Zeit für politisch gesteuerte Verfahren, die die Benachteiligung beenden: Wir brauchen einen Sprung in der Begabtenförderung, um Karrieren vorzubereiten und zu ermöglichen, statt Unterrepräsentanz zu verschleiern.

  • Wir fordern die Umsetzung des vorgeschlagenen Transformationszentrums in Ostdeutschland als Forschungs- und Förderstätte für die Arbeitsgesellschaft im digitalen und ökologischen Wandel.
  • Der öffentliche Dienst muss Motor werden, um Karrierewege Ostdeutscher zu ermöglichen, mit geeigneten Förderinstrumenten zur Hebung unterrepräsentierter Gruppen. Dafür setzen wir uns ein.
  • Wir wollen Sichtbarkeit für Diskriminierung herstellen, statt sie hinter der Formel der „Einheit“ zu verstecken: Wir fordern die freiwillige Erhebung der Geburtsorte und biografischer Daten bei Bundes- und Landesbehörden, bei Hochschulförderprogrammen, Stiftungen und Förderwerken.
  • Unser Ziel ist die Verlagerung weiterer Bereiche des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in die ostdeutschen Bundesländer mit mehr Entscheider*innen mit Ostbiografie.
  • Wir streiten dafür, dass Bundesbehörden oder Unternehmen, an denen der Bund beteiligt ist, ihren Hauptsitz nach Ostdeutschland verlegen. Neu entstehende Bundesbehörden wollen wir im Osten ansiedeln.

Treuhand-Vergangenheit aufarbeiten

Während die Ostdeutschen ihre Wartenummern beim Arbeitsamt zogen, gaben sich westdeutsche und ausländische Unternehmer*innen bei der Treuhandanstalt die Klinke in die Hand. Man konnte reich werden im Osten, wenn man aus dem Westen kam. 94 Prozent der durch die Bundesregierung privatisierten DDR-Betriebe gingen in westdeutsche oder ausländische Hände. Samt dazugehöriger Grundstücke und Immobilien. Die Mehrzahl der Vermieter ostdeutscher Wohnungen sitzt seitdem in Westdeutschland oder die Wohnungen sind heute im Besitz von Immobilienkonzernen.

Das Wirken der Treuhand hat nicht nur bis in die Gegenwart reichende Folgen, es war ebenso von politischen und wirtschaftlichen Skandalen begleitet. Tausende derjenigen, die in Leipzig 1989 auf der Straße alles riskierten, standen bereits 1991 wieder auf dem Leipziger Augustusplatz. Profitinteressen westdeutscher Konzerne gingen über das Schicksal von Millionen. Diese Enttäuschung wirkt im Osten bis heute fort. DIE LINKE kämpft dafür, dass dieses Unrecht aufgearbeitet wird.

  • DIE LINKE will in der kommenden Legislaturperiode einen Untersuchungsausschuss zur Treuhand.
  • Auch den Einigungsvertrag will DIE LINKE nochmals genauer unter die Lupe nehmen. Sein Gehalt und seine Wirkungen gilt es zu untersuchen – auch im Hinblick darauf, ob Ansprüche Ostdeutscher bei der Umsetzung des Vertrags vernachlässigt oder ignoriert wurden und ob sie gegebenenfalls noch einklagbar sind. Dazu schlagen wir eine Enquetekommission vor.

Für einen wirtschaftlichen Aufbruch Ost

Der Osten hat wirtschaftlich in den vergangenen dreißig Jahren eine enorme Entwicklung durchlaufen. Jedoch liegt die Wirtschaftsleistung der Ostländer noch immer hinter den Westländern. Vielversprechende Ansätze, die es bereits gab, wie die Solarbranche in Ostdeutschland, wurden durch falsche politische Weichenstellung von der CDU und ihren jeweiligen Koalitionspartnern zerstört. Zehntausende Arbeitsplätze in einer Zukunftsbranche wurden damit leichtfertig aufs Spiel gesetzt.

Wir setzen auf eine regional verankerte Wirtschaft, die sich an den Bedürfnissen der Menschen in den jeweiligen Regionen ausrichtet. Das gilt auch für die Landwirtschaft. Der Osten soll nicht mehr die verlängerte Werkbank westdeutscher Großkonzerne sein.  DIE LINKE setzt auf gemeinwohlorientierte und genossenschaftliche Wirtschaftskonzepte. Gegen die Dominanz marktwirtschaftlicher Verwertungs-und Effizienzlogik setzen wir uns für eine gute Versorgung, eine öffentliche Daseinsvorsorge und den Stopp der Privatisierung von öffentlichem Eigentum ein.

Arbeiter*innen in Ostdeutschland haben in den letzten Jahren ein neues Selbstvertrauen entwickelt. Viele traten für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen in den Streik. Wir stehen solidarisch an der Seite der Arbeiter*innen und Gewerkschaften insbesondere bei den Arbeitskämpfen in Ostdeutschland und unterstützen sie bei ihren Arbeitskämpfen.

Nach der Wiedervereinigung brach dem Osten die industrielle Basis weg, einschließlich Verarbeitung und Vermarktung von Lebensmitteln. Wir wollen nun eine Reindustrialisierung des Ostens vorantreiben, um langfristig gut bezahlte und sichere Arbeitsplätze dauerhaft zu schaffen. Wir wollen den Osten zu einer Zukunftsregion machen, in dem klimagerechte Industriearbeitsplätze entstehen.

  • Wir wollen regionale Produkte, Verarbeitungs- und Vertriebsstrukturen stärken. Produktionsgenossenschaften und Vertriebsgenossenschaften aus den Regionen sollen miteinander verbunden werden.
  • Wir wollen ein Reindustrialisierungsprogramm Ost. Damit soll überall im Osten die Entstehung klimagerechter Industriearbeitsplätze gefördert werden.

Reaktivierung öffentlicher Infrastruktur

Die Geschichte des Ostens nach der Wiedervereinigung ist auch eine Geschichte des Abbaus von (sozialer) Infrastruktur. Geschlossene Schulen, Schwimmbäder, Sparkassen oder stillgelegte Bahnstrecken prägen das Bild im gesamten Osten des Landes. Diesen Trend wollen wir umkehren. Wir wollen soziale Zentren in den Dörfern schaffen. Die Betreuung der sozialen Zentren findet über tariflich bezahlte Arbeitsplätze statt.

Allein in Sachsen wurde seit 1994 knapp ein Viertel des Schienennetzes stillgelegt. Knapp 2 500 Kilometer Schienenstrecke im gesamten Osten. Das war klimapolitisch und strukturpolitisch ein schwerer Fehler. Vielerorts werden die Bahnverbindungen schmerzlich vermisst. Ganze Regionen sind so im wahrsten Sinne des Wortes dauerhaft abgehängt. Der Bund als Eigentümer der Deutschen Bahn ist in der Pflicht, diesen Kurs zu ändern. Die Bahn muss zurück in die Fläche.

Auch die digitale Infrastruktur in Ostdeutschland braucht einen kräftigen Schub. Fehlendes Handynetz und mangelnder Breitbandausbau sind in vielen Regionen in Ostdeutschland leider an der Tagesordnung. Für rein nach Profitlogik agierende Konzerne lohnt sich der Ausbau in dünn besiedelten Regionen nicht.

In vielen ostdeutschen Kommunen besteht erheblicher Investitionsbedarf beim altersgerechten und barrierefreien Umbau von Wohnungen. Der altersgerechte Umbau von Wohnungen wird zu einer großen Herausforderung für viele ostdeutsche Städte und Gemeinden. In vielen ostdeutschen Kommunen fehlt ein ausreichendes Angebot an barrierefreien Wohnungen und Wohnungen für Menschen mit Behinderung. Oft sind ganze Nachbarschaften und Stadtteile durch den Abriss von Plattenbauten verschwunden. Wir wollen die soziale Durchmischung in den bestehenden Wohnungsbeständen in industrieller Bauweise generationsübergreifend befördern, etwa durch flexible Wohnungsgrundrisse mit der Option, Wohnungen vertikal und horizontal zusammenzulegen, und mit Gemeinschaftsräumen ausstatten (Fitness, Bibliothek, Kleinkino, Co-Working-Spaces).

  • Wir schlagen ein Förderprogramm »Jedes Dorf braucht einen Laden!« und eine Reform des Gewerbemietrechts zum Schutz und für die Wiederansiedlung kleiner Läden, Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe vor.
  • Wir wollen ein Reaktivierungsprogramm der Deutschen Bahn für stillgelegte Strecken in Abstimmung mit den Bundesländern, und eine flächendeckende Versorgung mit Bussen und Bahnen.
  • Wir setzen uns für ein Sanierungsprogramm für Bahnhöfe ein. Gerade der Osten braucht lebendige Bahnhöfe als Orte der Begegnung und des Austauschs.
  • Funklöcher schließen und flächendeckendes Breitbandinternet: Dies ist für uns elementarer Bestandteil für einen zukunftsfähigen Osten.
  • Ein Schwerpunkt der Förderung soll künftig beim alters- und behindertengerechten Umbau von Gebäuden und der Verbesserung des Wohnumfelds in Stadtteilen liegen. Der kommunale Eigenanteil bei Aufwertungsmaßnahmen ist zu streichen. Hier muss wie beim sogenannten Rückbau, also dem Abriss, 100 Prozent Förderung möglich sein.
  • Wir wollen ein Förderprogramm für kollektives Wohnen mit Mietpreisbindung für die in Ostdeutschland weit verbreiteten Plattenbauten einrichten.
  • Kooperative Wohnformen mit Genossenschaftsgedanken wollen wir durch Beratung für Neugründung und Finanzierung oder beim Erwerb von Grundstücken und Gebäuden etwa durch Konzeptvergaben unterstützen.

Gegen alte und neue Nazis

Der Vereinigungsprozess hat eine Schattenseite, über die endlich mehr gesprochen wird. Vieles ist noch immer nicht aufgearbeitet oder einer breiten Öffentlichkeit bekannt: Befreit von der Repression in der DDR entlud sich rechte Gewalt in den 1990er Jahren in einem zuvor nicht bekannten Ausmaß. Verbündete in Geist und Tat fanden sich schnell, hüben wie drüben: Rostock-Lichtenhagen, Mölln, Solingen, die Mordserie des NSU, tödliche Gewalt überzog das Land. Die Neonazis versuchten, den öffentlichen Raum zu dominieren, und übten die Kontrolle aus – zumindest in Stadtteilen und Wohnquartieren. Die ostdeutschen Landesregierungen waren Vorreiter einer beschämenden Verharmlosung und führten damit die gängige politische Praxis des Westens fort. Auch in der ostdeutschen Gesellschaft blieb der Aufschrei aus. Es oblag wenigen Aktivisten*innen, Antifagruppen, Journalisten*innen sowie Engagierten in linken Parteien, die Gefahren zu benennen.

Demokratiearbeit, Bildungs- und Beratungsstellen für Betroffene rechter Gewalt leisten seit über zwanzig Jahren viel für ein solidarisches und menschenrechtsorientiertes Gemeinwesen. Oftmals sind sie das einzige Angebot, das Menschen nach rechten und rassistischen Angriffen hilft, ihre Rechte und ihre Würde zu verteidigen.