Öffentlicher Nahverkehr braucht öffentliches Geld!

Franziska Riekewald

 Seit 25 Jahren ist der 1. August der Tag der Fahrpreiserhöhung bei den Bussen und Bahnen. In den ersten Jahren gab es starke Kritiken und Proteste, mit der Zeit wurden diese weniger und leiser.    

Denn welche Alternative hat schon der Fahrgast, wenn Mobilität notwendig ist, man aber nicht auf Auto oder Rad umsteigen will oder kann? Also wurden die nächsten höheren Ticketpreise zähneknirschend akzeptiert. Doch kaum hat man sich mit der einen Erhöhung arrangiert und das Haushaltsbudget neu geordnet, steht die nächste Runde unmittelbar bevor. Wohl dem, dessen Einkommen in gleichem Maße steigt! Doch nach meiner Erfahrung und auch nach zuverlässigen Statistiken ist das bei den Allerwenigsten der Fall. Ich jeden Falls kenne niemanden, der in den letzten Jahren jeweils 3 % bis 4 % Gehaltserhöhung bekommen hat. Das sind aber die jährlichen Durchschnittswerte bei den Fahrpreiserhöhungen.    

Für viele Leipzigerinnen und Leipziger ist die Belastungsgrenze schon lange erreicht bzw. überschritten. Selbst bei den Monats- und Abokarten haben wir mit über 50,- € bzw. 75,- € schon das Niveau von westdeutschen Städten, wie z. B. Nürnberg erzielt. Allein unser Gehalt ist nicht auf demselben Niveau.    

Dass die Verkehrsunternehmen jährlich Ihre Preise erhöhen wollen, ist nachvollziehbar, auch weil dies die einzige Geldquelle ist, auf die sie unmittelbar Einfluss haben. Von den Verkehrsbetrieben werden Beförderungsleistungen mit dichtem Netz, kurzen Takten, moderne Fahrzeuge, gute Infrastruktur, freundliches und qualifiziertes Personal und vieles mehr erwartet. Darum bemühen sie sich mit ganzer Kraft, davon kann ich mich als Aufsichtsrätin auch persönlich überzeugen. Die großen Einsparpotenziale bei der LVB vom Anfang der 2000er Jahre sind ausgeschöpft. Der materielle Verschleiß ist überall sichtbar. Das können wir uns als wachsende Stadt wirklich nicht mehr leisten. Auch wenn die Langsamfahrstrecken allmählich abnehmen, so gibt es doch noch genug Projekte, wo investiert werden muss und dazu benötigen die Verkehrsbetriebe natürlich Geld. Es ist daher ein Unding, dass trotz steigender Kosten die Zuschüsse der öffentlichen Hand gleich bleiben.   

Öffentlicher Nahverkehr braucht  öffentliches Geld!    

Die Fahrgäste allein können den steigenden Finanzbedarf nicht schultern. Dennoch sind die Einnahmen aus ihren Fahrpreiserhöhungen die einzigen, die in den letzten Jahren gestiegen sind, während die Zuschüsse von Bund, Land und Stadt bzw. Landkreis um über 60 Mio. Euro zurückgegangen sind. Auf dieses Problem hat meine Fraktion bei jeder Haushaltsdiskussion der letzten Jahre hingewiesen. Allein passiert ist so gut wie nichts. So kann ein attraktiver öffentlicher Personennahverkehr nicht funktionieren. Die Finanzierung muss wieder auf sichere Beine gestellt werden.

Sie, Herr Oberbürgermeister, haben immer wieder betont, dass Sie sich beim Land und Bund für eine bessere finanzielle Ausstattung der Verkehrsunternehmen stark machen wollen. Um die Motivation bei diesen Verhandlungen ein wenig zu erhöhen, möchten wir mit unserem Antrag erreichen, dass die Gesellschaftervertreter der Stadt Leipzig bis auf Weiteres keiner Preiserhöhung mehr zustimmen.   

 Ihnen liegt eine Neufassung unseres Antrages vor, in dem wir die Änderungsanträge der Fraktionen SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN aufgenommen haben.    

Wir halten den Vorschlag von der SPD für vernünftig, allerdings würde er alleine die Preiserhöhungen im ÖPNV für das Jahr 2018 nicht verhindern, da bekanntlich die Weichenstellungen für die Tariferhöhungen mit den Haushaltsplänen der betroffenen Unternehmen in diesem Herbst schon gestellt werden. Daher macht es keinen Sinn, die Entscheidung über ein Tarifmoratorium wieder bis nach Vorlage der Untersuchung zu verschieben.    

Auch in der Neufassung übernommen ist der Vorschlag von Bündnis 90/Die GRÜNEN, dass der Verlustausgleich aus dem städtischen Haushalt kommen soll. Wir halten dies für richtig, da wir der Meinung sind, dass die Verantwortung der Stadt für ihr kommunales Verkehrsunternehmen sich auch im Haushalt wiederfinden muss. Dazu hatten wir in den letzten Jahren auch Haushaltsanträge, wenn auch ohne Erfolg, gestellt.    

Die Fraktion DIE LINKE ist der Meinung, dass das von einigen Protagonisten immer wieder heraufbeschworene Verkehrschaos nur mit einer echten Verkehrswende zu meistern ist. Dazu bedarf es aber eines attraktiven und vor allem preiswerten ÖPNV.    

Lassen Sie uns heute einen großen Schritt in diese Richtung gehen und verhelfen Sie unserem Antrag zu einer Mehrheit.  

Rede zum Antrag A 04173 "Tarifmoratorium"